FuckUpTheCrowd
Die Ausgabe von ärztlichen Attests ohne Arztbesuch wurde erstmals in der Coronazeit erlaubt. Nun sollen telefonische Krankschreibungen dauerhaft möglich sein – vor allem bei leichten Symptomen.
Die in der Coronapandemie erprobte telefonische Krankschreibung soll jetzt unbefristet eingeführt werden: Ärzte sollen bei Patientinnen und Patienten, die keine schweren Krankheitssymptome haben, die Arbeitsunfähigkeit nach einer telefonischen Beratung feststellen können, berichtete die Funke Mediengruppe. Das Angebot solle sich jedoch ausschließlich »auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten« beschränken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, Ziel sei es, die überfüllten Praxen zu entlasten.
Gang zum Arzt vor allem bei schwerwiegenderen Symptomen
Die Neuregelung ist dem Bericht zufolge Teil des neuen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes des Gesundheitsministers. »Telefonische Krankschreibung erspart Patientinnen und Patienten den Weg zum Arzt und erleichtert den Praxen die Arbeit«, sagte Lauterbach. »Das macht Sinn bei Fällen ohne schwere Symptomatik.« Wer wolle, könne in solchen Fällen auch weiter zum Arzt gehen, fügte der Minister hinzu, verwies aber auf die oft überfüllten Praxen.
Im Schnitt fehlten Beschäftigte vergangenes Jahr fast 20 Tage bei der Arbeit – gut fünf Tage mehr als 2021, wie die Kasse nach eigenen Versichertendaten ermittelte. Der Krankenstand stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Punkte auf 5,5 Prozent. Es waren also an jedem Tag des Jahres im Schnitt 55 von 1000 Beschäftigten krankgeschrieben. Die meisten Ausfälle gingen auf Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Bronchitis zurück, die drastisch zunahmen, zeigte etwa eine Auswertung der Krankenkasse DAK-Gesundheit für 2022.
Die zwischenzeitlich ausgelaufene Sonderregelung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach telefonischer Anamnese, die im Rahmen der Coronapandemie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gestattet wurde, habe sich in der Praxis als sinnvolle Entlastung erwiesen, heißt es dem Bericht zufolge in dem Gesetzentwurf.
In Berlin kiffen junge Menschen einer Studie zufolge besonders häufig. Dabei seien sie sich der Risiken oft nicht bewusst. Die Studienautoren fordern bessere Aufklärung.
Kiffen ist bei 16- bis 27-Jährigen in Berlin sehr verbreitet. Das hat eine Studie der Fachstelle für Suchtprävention Berlin und Wissenschaftler des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung Hamburg ergeben. Die Forscherinnen und Forscher befragten nach eigenen Angaben ab dem vergangenen Herbst 2.410 Menschen dieser Altersgruppe. Zentrales Ergebnis: 29 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten in den zwölf Monaten vor Befragungsbeginn Cannabis konsumiert, rund 16 Prozent in den 30 Tagen vor der Befragung.
Der Studie zufolge konsumieren die Menschen dieser Altersgruppe in Berlin damit häufiger und auf riskantere Weise Cannabis als in anderen Bundesländern. Fast jeder Zweite, der im Jahr bis zur Befragung Cannabis konsumiert hatte, zeige problematische Konsummuster, hieß es. Das sei aber nicht automatisch gleichbedeutend mit Abhängigkeit. Die Forschenden fragten unter anderem die Konsumgewohnheiten ab, etwa ob allein konsumiert wird und ob schon einmal erfolglos versucht worden ist, mit dem Kiffen aufzuhören.
Wissenslücken zeigten viele Befragte, etwa zu Risiken und rechtlichen Aspekten. So wusste laut der Untersuchung zum Beispiel weniger als die Hälfte der Befragten, dass jeglicher Besitz sowie grundsätzlich die Weitergabe von Cannabis strafrechtlich verboten sind, sofern kein medizinisches Rezept vorliegt. Der Politik empfehlen die Autoren bessere Aufklärungsmaßnahmen und spezifische Projekte, um riskante Konsumformen zu vermeiden.
Berlins Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) führte die problematische Entwicklung des Konsums auch auf die Belastungen durch die Corona-Pandemie zurück. Sollte sich der gesetzgeberische Rahmen ändern, müsse Prävention von Anfang an mitgedacht werden, sagte sie. In Deutschland wird derzeit über die Legalisierung von Cannabis diskutiert.
Zuvor hatte die Ransomware-Gruppe Black Cat 4,5 Millionen Dollar von Reddit verlangt. Sie will 80 Gigabyte an Daten erbeutet haben
Anfang Februar vermeldete Reddit, dass die Plattform einem Hackerangriff zum Opfer gefallen war. Es handelte sich um eine Phishing-Attacke, bei der Mitarbeitende auf eine gefälschte Log-in-Seite gelockt wurden, um ihre Zugangsdaten abzugreifen. Erfolgreich, wie sich damals zeigte. Die Angreifer konnten demnach auf "interne Dokumente, Codes und interne Systeme" zugreifen.
Nachdem es über Monate still um den Vorfall wurde, könnte er nun Folgen haben. Wie "Bleeping Computer" berichtet, hat sich die Ransomware-Gruppe Black Cat zu dem Angriff bekannt – und damit gedroht, die erbeuteten 80 Gigabyte an Daten zu veröffentlichen. Bereits im April habe die Gruppe Reddit kontaktiert, um die Zahlung von 4,5 Millionen Dollar zu fordern.
Nutzerdaten offenbar nicht betroffen
"Ich habe ihnen in meiner ersten E-Mail gesagt, dass ich auf ihren Börsengang warten würde. Aber das scheint die perfekte Gelegenheit zu sein! Wir sind sehr zuversichtlich, dass Reddit kein Geld für ihre Daten zahlen wird", kann man in einer Drohung von Black Cat lesen. "Aber ich freue mich sehr zu wissen, dass die Öffentlichkeit in der Lage sein wird, alle Statistiken zu lesen, die sie über ihre Nutzer aufzeichnen, und alle interessanten vertraulichen Daten, die wir erhoben haben. Wussten Sie, dass sie auch stillschweigend Nutzer zensieren?“
Daten von Nutzerinnen und Nutzern wurden im Rahmen der Attacke laut Reddit nicht abgegriffen. Betroffen seien begrenzte Informationen von einigen Hundert Unternehmenskontakten, aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und begrenzte Informationen von Werbekunden. "Nach unseren bisherigen Untersuchungen sind die Passwörter und Konten der Reddit-Benutzer sicher", hieß es in der Stellungnahme. (red, 19.6.2023)
LSD, MDMA und Co haben sich bei Depressionen und Angststörungen als heilsam erwiesen. Neurowissenschafter könnten nun einen Grund dafür gefunden haben
Menschen unter LSD-Einfluss bilden sich über ihre Umwelt oft ein neues Urteil. Der Musikgeschmack beispielsweise kann während der kunterbunten Welle plötzlich ein völlig anderer werden, wie Schweizer Forschende 2017 im Rahmen eines Laborexperiments festgestellt haben. Manche Lysergsäurediethylamid-Erfahrungen sind vorübergehend, andere prägen nachhaltig. Welche Gehirnveränderungen im Detail den merkwürdigen Effekten psychedelischer Drogen zugrunde liegen, ist jedoch allenfalls in Ansätzen verstanden, bisher stocherte man noch weitgehend im Dunkeln. Grenzen verschwimmen
Immerhin gelang es Wissenschaftern, vereinzelt einen Blick ins umwölkte Gehirn zu werfen. Dabei beobachtete man etwa, dass sich bei LSD-induzierten Bewusstseinszuständen die gehirninterne Kommunikation verschiebt: Der Austausch zwischen für Planung und Entscheidungsfindung zuständigen Hirnarealen geht zurück, zugleich nimmt die Kommunikation zwischen jenen Zentren zu, die sensorische Empfindung und Bewegung verarbeiten. Auch die Aktivität der Amygdala zeigte sich im LSD-Rausch verändert. Diese Region des Gehirns ist zentral für die Verarbeitung von Emotionen verantwortlich.
Nicht zuletzt wirkt die Substanz auch auf Gehirnregionen ein, die für die Unterscheidung zwischen der eigenen und anderen Personen wichtig sind – die Grenzen beginnen unter LSD-Einfluss während sozialer Interaktionen zu verschwimmen. Das untermauert unter anderem die Annahme, dass Selbstwahrnehmung und soziales Miteinander eng miteinander verwoben sind. All diese Erkenntnisse und Beobachtungen nähren die Überzeugung, dass sich psychedelische Substanzen gut für die Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen eignen. Zahlreiche klinische Tests bewiesen bereits ihre nachhaltige Wirkung bei Depressionen oder Angststörungen. Gehirnöffner
Warum Psychedelika in so vielen Fällen erfolgreich und langfristig Linderung verschaffen, könnte nun ein Team um Gül Dölen von der Johns Hopkins Medicine in Baltimore, Maryland, am Mäusemodell herausgefunden haben. Möglicherweise öffnen diese Substanzen gleichsam das Gehirn für Veränderungen: Eine "kritische Phase" lang sind wir dann empfängnisbereiter und eher willig, Signale aus der Umgebung in unser neuronales Netzwerk einzuschreiben.
Dass es diese entscheidende aufnahmenbereite Perioden gibt, bekräftigen Untersuchungen verschiedener Fachrichtungen: In solchen Phasen lernen Vögeln ihren Gesang und Menschen eine neue Sprache oder motorische Fähigkeiten, die sie nach einem Schlaganfall verloren hatten. Der Hintergrund: Während bestimmter Entwicklungsphasen des Gehirns zeigt das Nervensystem eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber verhaltensrelevanten Reizen. In dieser Zeit sind die synaptischen Verschaltungen formbar und flexibel, und Verhaltensweisen werden besser verankert. Dieses in der Fachwelt als "kritische Periode" bezeichnete Zeitfenster eignet sich ganz besonders gut für therapeutische Maßnahmen.
Eine überraschende Beobachtung
"Das Fenster schließt sich jedoch irgendwann, und dann ist das Gehirn viel weniger offen für neue Lernerfahrungen", sagte Dölen. Seinem Team ist es 2019 gelungen, bei Mäusen mithilfe von Ecstasy (MDMA) dieses kritische Lernfenster für eine Weile wieder zu öffnen. Den Effekt schrieben die Forschenden damals den prosozialen Eigenschaften von MDMA zu. Daher waren Dölen und seine Gruppe überrascht, als sie bei ihrer aktuellen Studie auch mit Drogen mit geringeren prosozialen Auswirkungen kritische Perioden hervorrufen konnten.
Zum Einsatz kamen bei dieser Untersuchung fünf psychedelischen Substanzen: Ibogain, Ketamin, LSD, MDMA und Psilocybin. Die erwachsenen männlichen Mäuse durchliefen zu Beginn einen gut etablierten Verhaltenstest, um festzustellen, wie sie unter normalen Umständen von ihrer sozialen Umgebung lernen. Im Rahmen eines Trainings mit Umgebungassoziationen lernten die Mäuse außerdem zu signalisieren, wie offen sie gerade für soziales Lernen sind. Zur Verblüffung des Teams hatten alle fünf Drogen eine entsprechende Wirkung: Mit einem für die kritische Periode typischen Verhalten zeigten die Mäuseriche im Drogenrausch großes Interesse an ihrer sozialen Umgebung und eine Lernbereitschaft, die man so nur von Jungtieren kennt. Gelerntes verfestigen
Bei dem Mäusen auf Ketamin blieb die sogenannte kritische Periode des sozialen Belohnungslernens 48 Stunden lang offen. Bei Psilocybin dauerte diese Phase dagegen zwei Wochen. Bei Mäusen, denen MDMA, LSD und Ibogain verabreicht wurde, blieb die kritische Periode zwei, drei und vier Wochen lang offen. Wie das Team im Fachjournal "Nature" schreibt, dürften beim Menschen vergleichbare Effekte während der Wirkungsdauer der jeweiligen Droge auftreten.
Dölens Gruppe interessierte sich jedoch nicht nur für das Lernverhalten der Mäuse, es wollte der Sache auch auf den molekularen Grund gehen. Dabei erkannten die Forschenden, dass LSD und Psilocybin den Rezeptor für den Neurotransmitter Serotonin nutzen, um die kritische Periode einzuleiten. Die Substanzen MDMA, Ibogain und Ketamin dagegen nicht.
Blick in die Gene
Auf genetischer Ebene wurden die Wissenschafter schließlich fündig: Dölen und sein Team identifizierten Unterschiede in der Expression von 65 proteinproduzierenden Genen während und nach dem lernkritischen Zeitraum. Etwa 20 Prozent dieser Gene regulieren Gerüstproteine in Gehirnzellen im Nucleus accumbens – einem Bereich, der mit sozialem Lernverhalten auf Basis von Belohnung in Zusammenhang steht.
"Der offene Zustand der kritischen Periode könnte eine Gelegenheit für eine Integrationsphase nach einer Behandlung sein", sagte Dölen. "In dieser Phase könnte man einen Lernzustand verfestigen." Kliniker sollten die Zeit nach der therapeutischen Einnahme psychedelischer Drogen als wichtige Zeit der Heilung und des Lernens betrachten, forderte er daher. Generell sieht der Neurowissenschafter ein deutlich breiteres Spektrum an Krankheiten als bisher, die man mit psychedelischen Substanzen behandelt sollte. Dazu zählen etwa Schlaganfallpatienten, denen LSD und Co in der Therapiephase und beim Wieder-auf-die-Beine-Kommen wertvolle Unterstützung leisten könnten.
(Thomas Bergmayr, 18.6.2023)
Good news, everybody!